Ein halbes Jahrhundert Krippenbauer vom Dienst

Der 80-jährige Ernst Oymanns hat den Job 1973 von seinem Vater übernommen. Dabei ist er eigentlich gelernter Buchbinder. Für die mehrere Meter große Krippe in der Kirche der Wohnanlage St. Bernardin in Kapellen auf der Grenze zu Sonsbeck gibt es keinen Plan.

Ernst Oymanns hat den Job des Krippenbauers in der Wohnanlage St Bernardin vor 50 Jahren von seinem Vater übernommen. Foto: Norbert Prümmen

Immer mit viel Liebe zum Detail: So sah die Krippe der Wohnanlage St. Bernardin vor 25 Jahren aus. Foto: Dirk Weber

RP vom 24.12.2024 

von Dirk Weber

KAPELLEN/SONSBECK |Einen Tag vor Weihnachten ist die Krippe der Wohnanlage St. Bernardin noch immer nicht vollständig. „Die Figuren kommen als letztes“, sagt Ernst Oymanns. Gemeint sind die großen Holzfiguren vom Jesuskind, Maria und Josef, von den Hirten und den Heiligen Drei Königen. Echte Schnitzkunst aus Oberammergau. Ein paar Schafe gehören auch dazu. Doch die lagern gut verpackt in einem Schrank in der Sakristei. „Erst am Heiligen Abend wird das Jesuskind in die Krippe gelegt“, sagt Oymanns. Das sei so Tradition. Erst dann sei sie perfekt.

Seit über 50 Jahren kümmert sich der Kapellener um die Krippe in der Kirche der Wohnanlage auf der Grenze zu Sonsbeck, erst als Angestellter, seit 2006 ehrenamtlich. Früher, erzählt Oymanns, habe die Krippe in der Kapelle gestanden. Aber da habe sie noch nicht die Ausmaße gehabt, die sie heute habe. 1954 wurde das ehemalige Kloster erweitert. „Zu der Zeit lebten etwa 250 Bewohner und 100 Schwestern in der Wohnanlage“, erzählt der heutige Leiter, Thomas Wilmsen. „Für sie wäre in der Kapelle nicht genügend Platz gewesen.“ Also bekam St. Bernardin eine größere Klosterkirche. Und somit auch eine größere Krippe.

Oymanns Vater war 40 Jahre lang als Gärtner in der Klosteranlage beschäftigt und als solcher auch für die Krippe zuständig. Als er starb, übernahm sein Sohn den Job, ohne genau zu wissen, worauf er sich einließ. Nach der Schule absolvierte Ernst Oymanns zunächst eine Ausbildung zum Buchbinder bei Butzon und Bercker in Kevelaer und arbeitete anschließend über zehn Jahre in Kleve, bis er notgedrungen seinen grünen Daumen entdeckte. „Ich war nicht nur für den Garten zuständig“, erinnert sich Oymanns, „sondern spielte auch den Chauffeur für die Schwestern.“ Angefangen hat er im Oktober 1973, zwei Monate später baute er zum ersten Mal die Krippe auf. Das meiste musste er sich selbst zusammenreimen. Einen Plan gab es nicht. Und gibt es bis heute nicht. „Das habe ich alles im Kopp“, sagt Oymanns und muss lachen.

Schon als Kind begleitete er seinen Vater mit zur Arbeit ins Kloster. Fünf Jahre war er dort als Messdiener im Einsatz. Dass er kein gelernter Gärtner ist, merkt man nur, wenn man ihn nach den Pflanzen fragt, die er für die Krippe verwendet. „Ich kaufe das, was mir gefällt“, sagt Oymanns. „Keine Ahnung, wie das alles heißt.“

Hilfe bekommt der heute 80-Jährige von Christoph Schoofs. Eigentlich arbeitet Schoofs als Heilerziehungspfleger in der Wohnanlage. Doch als gelernter Dachdecker geht er Oymanns beim Krippenaufbau zur Hand. Wie übrigens auch schon sein Vater. Eine Woche vor Heiligabend legen die beiden los. Neben dem Altar wird ein Podium errichtet. Die schweren Stämme aus Birkenholz, die dafür nötig sind, könnte Oymanns allein gar nicht mehr aus dem Keller in den Kirchenraum schleppen.

Steht das Fundament, wird darauf echter Waldboden verteilt. Dann beginnt der Aufbau des Stalls mit einem Dach aus Stroh. „Mit dem örtlichen Förster ist vereinbart, dass wir auch etwa Moos aus den umliegenden Wäldern entnehmen dürfen“, berichtet Oymanns. Für das Gesamtbild werden außerdem 18 Tannenbäume aufgestellt. Dazu kommen Sand und Steine und ein Zierbrunnen. Zum Schluss wird alles mit Blumen und Pflanzen dekoriert.

„Mir ist wichtig, die Natur darzustellen“, sagt Oymanns, der auch bei sich zu Hause eine Miniaturausgabe der Krippe unterm Baum stehen hat. Auch diese habe einen „natürlichen Touch“, sagt Oymanns. Und welche gefällt ihm besser? „Die zu Hause ist schneller fertig“, antwortet er diplomatisch.

Was die große Krippe angeht, so seien in den 1970er Jahren irgendwann die Krippenfiguren ausgetauscht worden. Die Heiligen Drei Könige kamen zum Schluss. „Die alten Figuren habe ich dem Museum in Kevelaer vorbeigebracht“, erzählt Oymanns. Vor ein paar Jahren waren diese bei einer Ausstellung im Römermuseum in Xanten zu sehen.

In diesem Jahr steht die Krippe ganz besonders im Fokus, da die Dorfkirche in Kapellen immer noch saniert wird. Eigentlich sollte sie an Heiligabend wieder geöffnet sein. Doch jetzt sieht es so aus, als bliebe sie bis zum 30. März geschlossen. Darum findet am 24. Dezember um 17 Uhr eine Krippenandacht in der Kirche der Wohnanlage St. Bernardin statt. Einrichtungsleiter Thomas Wilmsen rechnet mit großem Interesse. Genauso wie für die Christmette um 15 Uhr. Normalerweise ist diese nur den Bewohnern, Angehörigen und Mitarbeitern vorbehalten. Doch in diesem Jahr will er eine Ausnahme machen.

Ernst Oymanns wird die Christmette ebenfalls begleiten. Allerdings nicht als Krippenbauer, sondern als Musiker. Seit über 60 Jahren ist er Mitglied im Musikverein Concordia Kapellen 1905. Oymanns war auch 13 Jahre lang Dirigent. Mittlerweile spielt er nur noch Saxofon. An Heiligabend werden die Musiker dann auf der Orgelbühne platziert – mit besten Blick auf die Krippe.